Seriöse Sprache im Webinar

Webinare müssen auch sprachlich gut vorbereitet werden.

„Webinare“ erleben mangels Real-Seminar-Alternativen in unseren Corona-Zeiten einen früher unerwarteten Boom. Aber wie funktionieren diese vielfältigen Online-Angebote an mehr oder weniger detailliertem Wissen und Erzählen? In jedem Fall hilft eine bewusst eingesetzte seriöse Sprache Ihnen als Speaker, die Inhalte und Gehalte Ihres Webinars besser „rüberzubringen“.

Was geschieht in diesen Online-Video-Veranstaltungen, die normalerweise live (und später als Aufzeichnung) verbreitet werden, wenn man genauer hinschaut? – In fast allen Fällen basieren „Webinare“ auf zwei Stützen: der Präsentation und der Ich-Erzählung der oder des Vortragenden. Nicht anders war es früher, als landauf, landab Powerpoint-Präsentationen vor Publikum weitgehend vorgelesen und mit Ich-Anekdoten illustriert wurden.

Webinare sind sprachliche Gestaltungsaufgaben für den "Speaker"

Ein Unterschied ist allerdings besonders interessant: Das Bemühen um ein seriöses Sprechen in korrektem und hochsprachlichem Deutsch ist mehr oder weniger verlorengegangen. Das Auge der Kamera erzeugt hier offenbar weit weniger Resonanz- und Kontroll-Druck als zuvor das real nach vorn schauende Publikum.

Das umgangssprachliche Vor-sich-hin-Erzählen im Ich-Wir-Absender-Modus, das auch vor Corona schon mehr und mehr in den Live-Präsentationskontext vorgedrungen war, hat im Webinar-Zeitalter fast Ausschließlichkeitscharakter erlangt und wird hier als „authentisch“ (miss-) verstanden. Allerdings hören sich viele Nutzer als Zuschauer dieses „Gedröhne“ (wenn der norddeutsche Ausdruck hier einmal erlaubt ist, er könnte auch „Gesabbel“ heißen) nicht bis zum Ende an, sondern klicken sich lieber weiter zu besserer Bild-Ton-Unterhaltung in den „Sozialen Medien“.

Was ältere und neuere Präsentationstechnik gleich problematisch macht, ist vor allem der seltsam „aufzählende“ Grundton, grundsätzlich bedingt oder befördert durch die Aufzählungsgliederungen auf den Präsentationsfolien mit ihren Bullet-Points. Wer sich dieses rein aufzählende Sprechen ("so, das habe ich jetzt gesagt - und jetzt das und jetzt das...") einmal angewöhnt hat, kommt in einen immer gleichen leer-langweiligen Grundton des Sprechens und erzeugt beim Zuhörer schnell den Eindruck, hier sei sowieso alles gleich unwichtig.

Webinar-Sprache ist Rede-Sprache - Fünf Regeln für eine bessere Resonanz

Das Online-Nutzer-Publikum möchte aber ebenso wie vormals das real-anwesende vom Vortragenden spürbar geführt werden – egal um welche Inhalte es auch gehen mag. Das bedeutet unter anderem: Aufgereihte biografische Zufallsdetails ergeben gerade keine „Story“, von der überall gern die Rede ist, die es aber meistens gar nicht gibt. Eine Story besteht nämlich wie jede Rede (und nichts anderes bietet der Speaker vor der kleinen Webinar-Kamera de facto an!) aus Ruhephasen und Höhepunkten – in der gesamten, gegliederten Sprech-Handlung ebenso wie in Ton und Betonung der einzelnen Sätze.

Ein solches seriös-gewandtes Sprechen im richtigen „Ton“ kann man lernen. Es hat mit thematischer und sprachlicher Vorbereitung zu tun, mit Konzentrationsanstrengung und mit der Bereitschaft, sich für sein Publikum wirklich einzusetzen (und nicht nur für seine eigene Produkt- oder Ich-PR). Wer bei seinem Publikum wirklich Anstöße oder Lerneffekte erreichen will, indem er in professioneller Atmosphäre ein seriöses Erklär- und womöglich Erzähl-Angebot macht, sollte mindestens die folgenden fünf Regeln des öffentlichen Sprechens beherzigen:

  1. Alles ist Kontext: Es kommt für dich als Vortragende/n darauf an, dir vorab ein klares Bild vom Publikum und vom eigenen Präsentationsauftrag im Hinblick auf das gewählte Thema zu machen. Dann redet man nicht nur so drauflos und produziert im Vorwege auch keine eher inhaltslosen Aufzähl- oder Spaßbilder-„Folien“, sondern solche, die das eigene gegliederte Sprechen sinnvoll unterstützen.
  2. Finde deine Botschaften: Nur wer vorher weiß, was er wirklich wesentlich mitteilen will, kann zu diesen zentralen Rede-Punkten vor der Kamera auch tatsächlich finden und sie angemessen betonen.
  3. Halte dich an eine konzipierte Gliederung und schweife live nicht viel ab.
  4. Bemühe dich um eine professionell-seriöse Sprache. Sprich deutlich und betonend - und verwende höchstens gelegentlich (dann bewusst eingesetzte) Spaß-Abweichungen ins Umgangs-, Jargon- oder gar Jugend-Sprachliche.
  5. Achte auf deinen Ton! Das tonale Grundmuster des deutschen Rede-Satzes ist der „Bogen“ (rauf-runter-Punktpause), der ein Dahin-Geleier ohne jede Betonung auf jeden Fall verhindert (ein solches ist übrigens rein gar nicht „authentisch“, sondern einfach schlecht). Der Ton macht halt die Musik: Das Publikum kann hören – und auch weghören...

Beim Lernen und Üben helfen gern professionelle Rede-Trainer und -Coaches. Im KKL mache ich das inzwischen seit über 20 Jahren. Probieren Sie es doch einmal aus. Für eine bessere Resonanz dank sprachlicher Wirkung. – Ich freue mich auf Ihre (An-) Frage.

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